Der Fluch des Handys: Immer mehr Beschäftigte sind auch außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit für Vorgesetzte, Kunden oder Kolleginnen und Kollegen telefonisch oder per E-Mail erreichbar. Ob sie das müssen, erfährst Du hier.
Ein Video-Call am Strand, eine Chatnachricht am Flughafen, eine SMS an der Hotelbar: Die Mehrheit der Beschäftigten, die in diesem Jahr einen Sommerurlaub geplant haben, sind in dieser Zeit auch beruflich erreichbar.
Laut des Branchenverbands BITKOM sind rund zwei Drittel der Berufstätigen telefonisch (65 Prozent) beziehungsweise per Kurznachrichten wie SMS oder Whatsapp (63 Prozent) erreichbar. Knapp ein Viertel (23 Prozent) liest oder beantwortet berufliche Mails. 17 Prozent sind zu Videocalls etwa über Skype, Zoom oder Facetime bereit, 11 Prozent können über Kollaborationstools wie Microsoft Teams oder Slack kontaktiert werden. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Berufstätigen ist im Sommerurlaub erreichbar, da sie davon ausgeht, dass ihre Vorgesetzten dies erwarten. Bei der Hälfte (49 Prozent) erwarten es nach eigener Ansicht die Kolleginnen und Kollegen, 44 Prozent gehen davon aus, dass es ihre Kundinnen und Kunden erwarten. Nur 14 Prozent sagen von sich aus, dass sie im Sommerurlaub erreichbar sein möchten.
Es fehlen klare Absprachen
Der Druck auf Beschäftigte, permanent auf Draht zu sein, ist immer noch hoch, auch wenn die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr (71 Prozent) leicht zurückgegangen sind. Hinzu kommt: Es fehlen meist klare Absprachen, wie und wann solche mobilen Datenträger genutzt werden sollen. Dies gilt umso mehr, als dass 60 Prozent derjenigen, die im Urlaub dienstlich erreichbar sind, glauben, dass die Vorgesetzten dies von ihnen erwarten. 55 Prozent wollen laut BITKOM damit die angenommene Erwartungshaltung von Kolleginnen und Kollegen erfüllen und 38 Prozent die von Kundinnen und Kunden. Ein Fünftel (21 Prozent) sagt: Meine Geschäftspartner erwarten dies von mir, 16 Prozent wollen für Kolleginnen und Kollegen ansprechbar sein.
Keine Pflicht, ständig verfügbar zu sein
Arbeiten an jedem Platz der Welt und das rund um die Uhr: Die Technik eines Smartphones oder Laptops macht es möglich. Doch selbst wer dienstlich mit einem Smartphone ausgestattet wird, ist nicht automatisch verpflichtet, am Abend, am Wochenende oder im Urlaub berufliche E-Mails zu lesen und zu bearbeiten. Ein Recht, auf das immer weniger Beschäftigte pochen, weil sie die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit kaum noch beachten.
Dabei besteht arbeitsrechtlich keine Verpflichtung, ständig mobil verfügbar zu sein oder außerhalb des Betriebs elektronische Nachrichten zu bearbeiten. Auch hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Beschäftigte die Höchstarbeitszeit nicht überschreiten und die elfstündige Ruhezeit nach dem Arbeitszeitgesetz einhalten. Und: Den Gebrauch von Mobilgeräten darf der Chef nur anordnen, wenn der Betriebsrat zustimmt.
Lediglich wenn arbeits- oder tarifvertraglich eine sogenannte Rufbereitschaft für die Tätigkeit vereinbart wurde, muss man auf Abruf zur „unverzüglichen Arbeitsaufnahme“ in der Lage sein. Die Einsatzzeit muss der Arbeitgeber dann besonders vergüten.
Raus aus der Smartphone-Falle
Ohne Zustimmung des Betriebsrats dürfen Arbeitgeber den Gebrauch von Mobiltelefonen nicht einfach anordnen. Kein Arbeitnehmer muss also mit seinem Smartphone ins Bett. Vielmehr sollte er darauf achten, seine Freizeit oder seinen Urlaub bewusst zu genießen. Darum gilt:
- Kernarbeitszeiten festlegen: Es reicht aus, täglich zwei bis drei Mal das Postfach zu checken. Das sollte auch im Betrieb beherzigt werden.
- Auf stumm schalten: So wird vermieden, ständig auf ein Signal reagieren zu müssen.
- Log-out: Das Gerät ab- oder die Online-Funktion ausschalten. So erreichen einen während der Freizeit erst gar keine E-Mails.
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