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Mit Durchblick in die Ausbildung – Fragen und Antworten zum Ausbildungsstart

Mit Durchblick in die Ausbildung - Fragen und Antworten zum Ausbildungsstart

Neue Aufgaben, neue Herausforderungen: Wer in die Berufsausbildung startet, steht an der Schwelle zu einem neuen, spannenden Lebensabschnitt – und gleichzeitig vor einem großen Berg von Fragen. Wir beantworten die wichtigsten davon.

Welche Unterlagen brauche ich zum Ausbildungsstart?

Das wichtigste Schriftstück ist Dein Ausbildungsvertrag. Folgende Punkte sollte er mindestens enthalten:

  • Dauer der Probezeit
  • Dauer der Arbeitszeit
  • Anzahl der Urlaubstage
  • Höhe der Ausbildungsvergütung
  • Kündigungsregelungen
  • Sonderzahlungen
  • Beginn, Dauer, Art und Ziel der Ausbildung

Außerdem musst Du Deinem Ausbildungsunternehmen zu Beginn Deine Steueridentifikationsnummer mitteilen. Sofern sie Dir nicht vorliegt, kannst Du sie bei Deinem zuständigen Finanzamt erfragen. Darüber hinaus braucht die Personalabteilung Deine Krankenversicherung und die Daten Deines Girokontos.

Wie lange habe ich Probezeit?

Das Berufsbildungsgesetz legt fest: Die Probezeit muss mindestens einen und darf maximal vier Monate dauern. In dieser Zeit sollen sich Arbeitgeber und Azubi gegenseitig kennenlernen. So kannst Du überprüfen, ob Du den für Dich richtigen Beruf gewählt hast. Während der Probezeit kannst sowohl Du als Azubi als auch der Betrieb von heute auf morgen und ohne Begründung das Ausbildungsverhältnis kündigen. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.

Darf mein Chef mir nach Ende der Probezeit kündigen?

Die Kündigung von Auszubildenden ist schwierig und laut Berufsbildungsgesetz nur aus „einem wichtigen Grund“ möglich, etwa bei schwerem Diebstahl oder wenn Du häufig unentschuldigt fehlst. Nach Bekanntwerden des „wichtigen Grundes“ muss Dein Chef innerhalb von zwei Wochen schriftlich kündigen, danach ist eine Kündigung unwirksam.

Was ist mit Überstunden?

Lass Dich in Deiner Ausbildung nicht auf Überstunden ein. Wer eine Ausbildung macht, ist ausschließlich für den Zweck beschäftigt, einen Beruf zu erlernen. Dazu reicht die tägliche Ausbildungszeit völlig aus. Ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, müssen diese immer dem Ausbildungszweck dienen. Das heißt, ein Ausbilder muss anwesend sein und Ausbildung muss stattfinden. Der Arbeitgeber muss Überstunden mit Mehrarbeitszuschlag auszahlen oder mit entsprechendem Zeitzuschlag durch Freizeit ausgleichen.

Wie viel Urlaub steht mir zu?

Im Ausbildungsvertrag steht, wie viel Urlaubstage es pro Jahr gibt. Unsere Tarifverträge sehen bis auf wenige Ausnahmen 30 Tage Urlaub vor. Der Jahresurlaub ist im laufenden Kalenderjahr zu nehmen, davon muss Dir der Arbeitgeber mindestens zwei Wochen am Stück gewähren. Wir raten, den Urlaubsantrag frühzeitig schriftlich zu stellen. Darauf muss der Arbeitgeber innerhalb eines Monats reagieren.

Muss ich meine Werkzeuge selbst kaufen und zahlen?

Nein. Alle Arbeitsmittel, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen erforderlich sind, müssen Dir vom Ausbildungsbetrieb kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehören insbesondere Werkzeuge und Werkstoffe. Das gilt auch für die persönliche Schutzausrüstung, wie zum Beispiel bei Sicherheitsschuhen.

Wie hoch ist die Ausbildungsvergütung?

Die Höhe Deiner Ausbildungsvergütung richtet sich nach der Branche des Unternehmens, in der Du Deine Ausbildung absolvierst. Die Ausbildungsvergütung ist in Tarifverträgen vereinbart. Wie hoch sie in den einzelnen Branchen ist – etwa bei Metall, Elektro, Eisen und Stahl, Textil, Bekleidung, Holz und Kunststoff, erfährst Du in unserem Tarifinfo. Ist der Betrieb nicht tarifgebunden, muss die Vergütung angemessen sein. In dem Fall gilt der Branchentarifvertrag als Richtwert. Azubis in einer normalen dualen Ausbildung haben Anspruch auf mindestens 80 Prozent der üblichen tariflichen Vergütung, in einer überbetrieblichen Ausbildung auf mindestens 55 Prozent.

Gibt es finanzielle Hilfen für Azubis?

Wenn das Geld nicht reicht, können Auszubildende bei der Arbeitsagentur eine Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) beantragen. Bist Du jünger als 25 Jahre und in einer Ausbildung, dann erhalten Deine Eltern außerdem weiterhin Kindergeld. Wenn Du nicht mehr zuhause wohnst, kannst Du Dir das Kindergeld von ihnen auszahlen lassen. Weitere Infos findest Du hier.

Darf der Chef einen Teil der Ausbildungsvergütung einbehalten, wenn ich krank bin?

Nein. Wenn Du im Betrieb eine sogenannte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegst, erhältst Du Deine Vergütung sechs Wochen lang weiter. Wenn Du krank wirst, musst Du das vor Dienstbeginn im Betrieb melden und sagen, wie lange Du vermutlich ausfällst. Lege im Betrieb spätestens am dritten Tag die Krankmeldung vom Arzt vor. Wirst Du am Berufsschultag krank, musst Du trotzdem den Arbeitgeber und zusätzlich die Berufsschule informieren. Am besten fragst Du Deinen Lehrer, wie das bei Euch in der Berufsschule mit einer Krankmeldung läuft. Das ärztliche Attest musst Du Deinem Arbeitgeber vorlegen. Es ist ratsam, auch in der Berufsschule eine Kopie des Attests vorzulegen – besonders wenn Du wegen Krankheit Klausuren verpasst hast.

Muss ich jede Aufgabe erledigen, die mir aufgetragen wird?

Häufig kommt es vor, dass gerade Azubis Aufgaben bekommen, die nicht dem Ausbildungsinhalt des Berufs entsprechen. Diese „Aufgaben“ nennt man ausbildungsfremde Tätigkeiten. Welche Tätigkeiten dazugehören, lässt sich jedoch nicht immer genau festlegen. Beispielsweise sind in der kaufmännischen Ausbildung Ablage- und Kopierarbeiten auch Bestandteile der Ausbildung. Wenn diese Tätigkeiten jedoch dominieren oder gar ausschließlich vom Azubi erledigt werden, dienen sie nicht mehr dem Ausbildungszweck und können als ausbildungsfremde Tätigkeiten eingestuft werden. Sie sind verboten, denn Azubis sollen nicht als billige Arbeitskräfte missbraucht werden.

Welche Tätigkeiten genau vorgeschrieben sind, steht im jeweiligen Ausbildungsrahmenplan – das Auto des Chefs waschen oder ständig Botengänge erledigen, gehört aber definitiv nicht dazu. Ausbildungsrahmenpläne zu sämtlichen Berufen findest Du auf der Internetseite des Bundesinstituts für Berufsbildung.

Woran erkenne ich eine gute Ausbildungsstelle?

Deine Ausbildung im Betrieb sollte zeitlich und inhaltlich gut strukturiert sein. Zu diesem Zweck stellt der Ausbilder einen Ausbildungsplan auf, den Du zu Beginn ausgehändigt bekommst. Er stellt sicher, dass Du alle Inhalte und Tätigkeiten lernst, die für Deinen Beruf notwendig und wichtig sind. Wenn Du ständig ausbildungsfremde Tätigkeiten aufgebrummt bekommst, ist das nicht zulässig. In diesem Fall solltest Du Dich an Deine Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) im Betrieb oder an Deinen Betriebsrat wenden. Auch Überstunden, die nicht dem Zweck der Ausbildung dienen – und die womöglich nicht einmal vergütet werden oder durch Freizeit ausgeglichen werden können – sind verboten. Auch hier gilt: JAV, Betriebsrat oder Deine zuständige IG Metall vor Ort ansprechen und weitere Schritte klären. Mehr Kriterien für eine gute Ausbildung findest Du in der Checkliste Ausbildungsqualität.

Muss ich in die Berufsschule?

Ja, der Unterricht in der Berufsschule ist ein wichtiger Bestandteil Deiner betrieblichen Ausbildung. In der Regel ist er ist für alle Azubis verpflichtend. Er findet entweder im Block oder in Teilzeit statt. Dein Arbeitgeber muss Dich für diese Zeit bezahlt freistellen. Außerdem müssen Dir alle Ausbildungsmittel, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen erforderlich sind, kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Wie die Schulzeit genau geregelt ist, erfährst Du im Ratgeber Berufsschule.

Übernahme nach der Ausbildung?

Seit 2012 haben Azubis, die IG Metall-Mitglied sind, nach erfolgreicher Ausbildung grundsätzlich einen tariflichen Anspruch auf unbefristete Übernahme. Das haben wir in der Metall- und Elektrobranche, in der Eisen- und Stahlindustrie, in der Holz- und Kunststoffbranche sowie in vielen Handwerksbereichen durchgesetzt. Hier muss der Betriebsrat gemeinsam mit dem Arbeitgeber den Personalbedarf feststellen und planen, wie viele Ausgelernte in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen werden. Wenn nach dieser Personalbedarfsplanung feststeht, dass eine unbefristete Übernahme möglich ist, besteht ein Anspruch darauf. Auch wenn der Betrieb über Bedarf ausbildet, haben Ausgelernte einen Anspruch darauf, mindestens für ein Jahr beschäftigt zu werden – es sei denn, Betriebsrat und Arbeitgeber haben dazu etwas anderes vereinbart.

Ich will den Ausbildungsplatz wechseln. Darf ich das?

Auszubildende können kündigen oder einen Aufhebungsvertrag vereinbaren und ihre Ausbildung in einem anderen Unternehmen fortsetzen. Du solltest aber erst dann kündigen, wenn Du einen neuen Betrieb gefunden hast, der Dich übernimmt. Wenn der Arbeitgeber mit Deinem Weggang nicht einverstanden ist, brauchst Du einen gravierenden Grund für eine fristlose Kündigung.

Was ist eine Abmahnung?

Mit einer Abmahnung signalisiert der Ausbilder dem Azubi, dass er mit dessen Leistung oder Verhalten nicht zufrieden ist. Einer Kündigung müssen mindestens zwei Abmahnungen vorausgehen. Wir raten, den Inhalt der Abmahnung genau zu prüfen und eine Gegendarstellung zu verfassen, falls sie unberechtigt ist. Auf alle Fälle solltest Du den Betriebsrat oder die IG Metall vor Ort einschalten.

Wer hilft mir bei Fragen oder Problemen in der Ausbildung?

Deine Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) im Betrieb, der Betriebsrat und die IG Metall helfen Dir gerne weiter. Sprich sie bei Fragen oder Problemen in Deiner Ausbildung einfach direkt an! Sie haben viele Einflussmöglichkeiten und sind wichtige Ansprechpartner für alle Beschäftigten. Betriebsräte und Gewerkschaften haben beim Thema Ausbildung ein Wörtchen mitzureden – das regelt das Betriebsverfassungsgesetz.

Was muss ich wegen Corona zu der Ausbildung im Betrieb wissen?

Wer jetzt eine Ausbildung beginnt, muss zum Einstieg eine Unterweisung in die Präventionsmaßnahmen bekommen, um sich und andere vor einer Coronainfektion zu schützen. Die Verantwortung für die Maßnahmen zum Schutz vor Corona liegt beim Arbeitgeber, denn er hat gegenüber seinen Beschäftigten eine Schutz- und Fürsorgepflicht. Deshalb muss er stets dafür sorgen, dass Erkrankungsrisiken und Gesundheitsgefahren im Betrieb so gering wie möglich bleiben und Gesundheitsgefahren vermieden werden.

Welche Maßnahmen senken im Betrieb und in der Berufsschule das Infektionsrisiko?

Ein Sicherheitsabstand von 1,5 Metern sollte eingehalten und gegebenenfalls die Anzahl der Personen im Raum reduziert werden. Der Arbeitgeber sollte Bodenmarkierungen in der Ausbildungswerkstatt anbringen und versetzte Pausen abhalten, um den Sicherheitsabstand in Pausen­räumen und während der Pausen zu wahren. In den Betrieben gibt es für jede Branche entsprechende Arbeitsschutzstandards und Hygieneregeln. Darüber musst Du informiert werden. So müssen die Beschäftigten unbedingt die Hygieneregeln beachten und der Arbeitgeber während der Ausbildung genügend Zeit für Hygienemaßnahmen einräumen. Zudem sollten ausreichend Hygienemittel zur Verfügung stehen. Selbstverständlich sollten Beschäftigte darauf achten, die Hust- und Niesetikette einzuhalten, wie der Arbeitgeber dafür zu sorgen hat, dass Ausbildungsmittel und Arbeitsflächen regelmäßig gereinigt werden. Ausbilder*innen sollten nicht nur Wissensvermittler, sondern auch Vorbilder und Impulsgeber sein. Betriebsrat und Jugend- und Auszubildendenvertretung unterstützen Euch gerne, wenn es Probleme gibt.

Wegen Corona gibt es in meinem Betrieb Kurzarbeit. Was passiert mit den Auszubildenden?

Kurz­ar­beit für Aus­zu­bil­den­de gibt es in der Re­gel nicht. Der Be­trieb muss Dich auch bei Kurz­ar­beit wei­ter aus­bil­den. Aus­bil­dung kann auch un­ab­hän­gig von der tat­säch­li­chen Aus­las­tung der Be­trie­be durch­ge­führt wer­den. Der Aus­bil­dungs­be­trieb hat nach Paragraf 14 Be­rufs­bil­dungs­ge­setz ei­ne Pflicht Dich aus­zu­bil­den. Das heißt, dass der Aus­bil­dungs­be­trieb al­le Mit­tel aus­schöp­fen muss, um Dei­ne Aus­bil­dung durch Umstellung des Ausbildungsplans, durch theoretische Wissensvermittlung von Lerninhalten oder Homeoffice für eine beschränkte Zeit wei­ter zu ge­währ­leis­ten.

Mein Ausbilder schickt mich nach Hause, weil es keine Arbeit mehr im Betrieb gibt. Was passiert jetzt mit mir und meiner Ausbildung?

Wenn der Ausbildungsbetrieb Dich nach Hause schickt, verzichtet er auf Deine Ausbildungsleistung bzw. Deine Arbeitskraft. Eine Berechnung von Minusstunden ist in diesem Fall nicht rechtens. Die Ausbildungsvergütung muss weitergezahlt werden, wenn die Ausbildung aus Gründen, für die Du nichts kannst, ausfällt, obwohl Du bereitstehen würdest.

Mei­ne Be­rufs­schu­le muss wegen eines Coronafalls schließen, was nun?

Grund­sätz­lich müs­sen Aus­zu­bil­den­de in den Be­trieb, wenn die Be­rufs­schu­le ge­schlos­sen hat. Die Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung von Aus­bil­den­den knüpft näm­lich un­mit­tel­bar an den Schul­be­such an. Wenn Dei­ne Be­rufs­schu­le al­ter­na­ti­ven Un­ter­richt wie On­li­nekur­se or­ga­ni­siert, muss Dein Be­trieb Dich da­für frei­stel­len. Die Schu­le muss Dir die Mit­tel wie Pro­gram­me und End­ge­rä­te zur Ver­fü­gung stel­len, um am Un­ter­richt teil­neh­men zu kön­nen. Fra­ge auch im Aus­bil­dungs­be­trieb nach, ob die­ser Dir die not­wen­di­ge Tech­nik zur Ver­fü­gung stel­len kann (Com­pu­ter, On­li­netools, E-Lear­ning).