Jetzt wird beraten und diskutiert: Die Tarifrunde für die 220.000 Beschäftigten der Holz- und Kunststoffverarbeitenden Industrie startet. Bis Anfang Oktober diskutieren die Beschäftigten über die Forderungen. Die wirtschaftliche Lage zeigt, wie unterschiedlich die Betriebe derzeit dastehen.
Die Tarifbewegung für die 220.000 Beschäftigten der Holz- und Kunststoffverarbeitenden Industrie ist Ende Juni mit einem Treffen der Tarifkommissionen aus allen Bezirken gestartet. Die Tarifkommissionsmitglieder tauschten sich bei dem Treffen in Frankfurt am Main über die Lage in den Betrieben aus, um anschließend in den Betrieben weiter über die Forderungen zu diskutieren. Parallel dazu startet die Beschäftigtenbefragung in den Betrieben. Bis zum 8. Oktober werden die Forderungen der Holz- und Kunststoffverarbeitenden Industrie beschlossen.
Der Blick in die Betriebe zeichnet ein durchwachsenes Bild. Zu Zeiten von Homeoffice und Quarantäne während der Corona-Pandemie hat Holz und Kunststoff einen wahren Boom erlebt, da viele in ihr Zuhause oder in Reisemobile investiert haben. Hiervon profitieren die Unternehmen im Holz- und Kunststoffbereich zum Teil noch heute. Caravan-Hersteller wie Hymer können die hohe Auftragslage nicht mehr stemmen und verzeichnen nach wie vor hohe Gewinne. „Von diesem Erfolg können die Arbeitgeber jetzt auch etwas an die Beschäftigten abgeben, die dazu beigetragen haben“, findet Janusz Eichendorff, Betriebsrat bei Hymer.
Ab Januar können Warnstreiks beginnen
Schwieriger sieht es zum Beispiel im Bereich der Fertighausherstellung aus. „Unsere Auftragsbücher sind zwar noch voll mit geplanten Fertighäusern, aber die Finanzierungslage für unsere Kunden ist oft schwierig. Die Zinsen steigen immer weiter und es fehlt an Unterstützungsmaßnahmen der Politik beim Bau von Einfamilienhäusern“, sagt Lydia Ott, Betriebsrätin bei DFH Haus und Mitglied der Tarifkommission. Nur im höheren Preissegment sei die Lage weiterhin stabil. Die Belegschaft schaue trotzdem positiv auf die Tarifbewegung, so die Betriebsrätin. „Wir kennen die Abschlüsse in anderen Industriezweigen und viele Beschäftigte wünschen sich auch für uns ordentlich Prozente auf die Löhne und Gehälter. Dafür sind wir bei DFH Haus auch bereit, vor das Werkstor zu ziehen.“
Die ersten Verhandlungen starten im Dezember. Die Friedenspflicht endet bei Holz und Kunststoff am 12. Januar 2024 – dann können auch Warnstreiks beginnen. „Wenn ich bei uns durch die Gänge laufe, fragen mich unsere Beschäftigten schon, wann es los geht mit Aktionen zur Tarifbewegung“, sagt Cornelia Miltenberger, Tarifkommissionsmitglied und Betriebsratsvorsitzende bei Rauch Möbelwerke. Ihre Kolleginnen und Kollegen seien in freudiger Erwartung auf die Tarifrunde, weil sie mehr Entgelt fordern. „Die Beschäftigten signalisieren uns ganz stark: Jetzt muss etwas passieren, in dieser Tarifrunde!“
* Foto: Joachim Röttgers