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Erfolgreiches GEP-Projekt bei Hülsta

Erfolgreiches GEP-Projekt bei Hülsta

Neuer Betriebsrat, mehr Mitglieder und nun auch Vertrauensleute

Hülsta steckt nicht erst seit gestern in Schwierigkeiten. Der Münsterländer Möbelbauer fährt seit Jahren einen Sanierungskurs, den auch die Beschäftigten ordentlich spüren. Sie nehmen finanzielle Einbußen hin, und auch Arbeitsplätze wurden abgebaut.

Als wäre das nicht genug der Belastung, setzte der Arbeitgeber den Betriebsrat zusätzlich stark unter Druck: „Den Betriebsräten fehlte der starke Rückhalt aus der Belegschaft und die freigestellte Betriebsratsvorsitzende fühlte sich noch dazu von oben gemobbt“, berichtet Gerlinde Schenk, Gewerkschaftssekretärin des Gemeinsamen Erschließungsprojekts (GEP) der IG Metall Bezirk NRW.

Sie arbeitet in der Außenstelle des GEP in der Geschäftsstelle Bocholt. Gemeinsam mit ihrem Bocholter Kollegen Manfred Robert, der bei Hülsta Betriebsbetreuer ist, überzeugte sie den Betriebsrat der Verwaltung mit ihren 160 Angestellten, GEP-Projektbetrieb zu werden. „Das bedeutete, eng mit der IG Metall zusammenzuarbeiten und gemeinsame Ziele beteiligungsorientiert anzustreben“, erklärt Gerlinde Schenk. So bildete sich am Hülsta-Verwaltungssitz in Stadtlohn im Dezember 2016 ein GEP-Projektteam aus drei bis fünf Vertretern des Betriebsrats und der IG Metall. Unterstützung bekam das Team vom Gesamtbetriebsrat.

Die Projektarbeit lief an, wenn auch zunächst holprig. Wichtig war, die Arbeit nicht nur für die Beschäftigten zu machen, sondern auch gemeinsam mit ihnen. Das war nicht leicht in diesem Bereich mit seinem niedrigen Organisationsgrad und vielen Beschäftigten im Vertrieb und Außendienst. Erschwerend kamen Auflösungserscheinungen des Betriebsrats hinzu. Neuwahlen wurden erforderlich.

Diese eigentlich unerfreuliche Situation barg Chancen, und die sollte das GEP-Team nutzen. Zunächst krempelte das Team die Betriebsversammlung um, die früher der Geschäftsführer dominierte, während der Betriebsrat kaum Zuspruch in der Belegschaft erfuhr. Das GEP-Team machte aus einer großen drei kleinere Versammlungen. Im kleineren Kreis und ohne den Arbeitgeber kamen Betriebsrat und IG Metall mit den Kolleginnen und Kollegen besser ins Gespräch, sie konnten beteiligungsorientierter arbeiten und ihre Informationen und Botschaften lebendiger und anschaulicher vermitteln, etwa mit einem Flipchart. Gerlinde Schenk blickt zurück: „Dann haben wir erstmals in die Beteiligungskiste gegriffen.“ Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten ihren Wunschkandidaten oder ihre Wunschkandidatin für die Betriebsratswahl auf eine Postkarte schreiben, jede und jeder durfte vorgeschlagen werden.

Wie zurückhaltend die Reaktion war, schildert die Erschließungssekretärin: „Es war uns nicht möglich, die Karten einfach einzusammeln.“ Kisten für die Postkarten mussten für einige Zeit im Flur platziert werden, unauffällig und unverdächtig, in der Nähe der Toiletten, wo sowieso jeder mal vorbeigeht. So funktionierte es, der Rücklauf war sehr gut. Die Namen von 20 Kolleginnen und Kollegen standen auf den Karten. Das GEP-Team sprach alle an, darunter auch Nichtorganisierte ohne jegliche Betriebsratserfahrung. Es fanden sich immerhin sechs Kandidatinnen und Kandidaten. Gerlinde Schenk ist froh, dass die Betriebsratswahl überhaupt zustande kam. Denn lange Zeit war nicht klar, ob es ausreichend Kandidaten in der Verwaltung geben würde. „Wir sind mit allen vorgeschlagenen auf Tuchfühlung gegangen und konnten ihnen Rückhalt geben“, sagt sie.

Zum Projekt Beschäftigtenbefragung entwickelte das GEP-Team einen Gesprächsleitfaden, um gerade den Neuen Informationen und Argumentationshilfen an die Hand zu geben. Die Aktiven verteilten die Fragebögen persönlich und motivierten ihre Kolleginnen und Kollegen, betriebliche Themen in den Vordergrund zu stellen. Mit dem Rücklauf von 105 erreichte das GEP-Team die erforderliche Quote für die betriebliche Auswertung.

Im Februar wählte die Belegschaft ihren neuen Betriebsrat. Der ist zwar nur fünfköpfig, obwohl maximal sieben hätten gewählt werden dürfen, aber Gerlinde Schenk ist zufrieden: „Superstimmung, gute Wahlbeteiligung. Und es sind einige Kandidatinnen und Kandidaten vonseiten der IG Metall gewählt worden.“ Inzwischen gehört sogar der gesamte Betriebsrat der IG Metall an.

Auf einer Belegschaftsversammlung im Mai gab es einen Wechsel in der Geschäftsleitung. Die neue Geschäftsleitung forderte weitere Einsparungen. Eine Mitgliederversammlung votierte knapp für einen neuen Sanierungstarifvertrag. Daraufhin schaute sich das GEP-Team mit dem neuen Betriebsrat die Mitgliederliste in der Hülsta-Verwaltung genau an, um festzustellen, welche Abteilung wie organisiert ist. „Dann haben wir überlegt, wer wen konkret anspricht, um für die Betriebsratssprechstunden zu werben, in denen IG Metall und Betriebsrat gemeinsam über den Sanierungstarifvertrag aufklären würden. „Bei dieser Aktion wurden acht neue Mitglieder geworben“, berichtet Gerlinde Schenk – und ergänzt: „Die persönliche Ansprache ist in dem gesamten Prozess enorm wichtig.“

Die Beitrittserklärung führte den Neuen gleich vor Augen, was sie von ihrer Mitgliedschaft haben: Aufgemacht wie ein Konzert-Ticket, stand darauf „Eintrittskarte zur Mitbestimmung“. Zugleich diente sie als „Eintrittskarte“ für die nächste Mitgliederversammlung, die wieder zweigeteilt stattfand, um mehr Mitgliedern die Teilnahme zu ermöglichen und die Vorteile der kleineren Runde auszuschöpfen. Auf der Mitgliederversammlung erläuterte das GEP-Team die Vorteile der IG Metall-Mitgliedschaft: mehr und bessere Informationen, Mitbestimmung und auch finanzielle Vorteile. „Alle haben sich an den Mitgliederversammlungen beteiligt, und es gab jede Menge positiver Rückmeldungen“, sagt Gerlinde Schenk. Also gute Chancen, dass sie bei den Nichtorganisierten die Werbetrommel rühren.

Auf der ersten Betriebsversammlung mit dem neuen Betriebsrat und rund 100 Beschäftigten konnte IG Metall-Betriebsbetreuer Manfred Robert berichten, dass Betriebsrat und IG Metall im Sanierungstarifvertrag einen Mitgliederbonus erstritten haben: „Jedes Mitglied der Hülsta-Gruppe, die sehr gut organisiert ist, bekommt jährlich 156 Euro extra, bis der gut gefüllte Topf leer ist“, so Manfred Robert. Und wieder beteiligte der Betriebsrat die Beschäftigten. Er fragte an Metaplanwänden die prioritären betrieblichen Themen der Beschäftigten ab. Eine neue Betriebsrätin stellte gemeinsam mit Gerlinde Schenk die Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung vor – so demonstrierten Betriebsrat und IG Metall ihre enge und gute Zusammenarbeit.

Insgesamt sind im GEP-Projekt bei Hülsta zu den 23 IG Metall-Mitgliedern 21 neue hinzugekommen. Die Projektarbeit ist aber mehr als Mitgliedergewinnung, erläutert Gerlinde Schenk: „GEP ist erst am Ziel, wenn auch die Strukturen erschlossen sind, wenn Betriebsrat und Vertrauensleute Hand in Hand und beteiligungsorientiert arbeiten und so die Interessen der Belegschaft effektiv und zielführend vertreten.“ Außer dem neuen Betriebsrat sind inzwischen auch die ersten Vertrauensleute in der Hülsta-Verwaltung installiert.

Sie haben auf der ebenfalls auf Beteiligung ausgerichteten Vertrauensleute-Klausur auf Gesamtbetriebsratsebene beim Eisschollenspiel plastisch erfahren: Je mehr Aktive, desto besser der Zusammenhalt. Besonders zielführend war dort die Anwendung der Methode „21 nach Thiagis“, eine unkonventionelle Ideensammlung: Alle Teilnehmer beantworteten schriftlich die Frage, was sie am ehesten brauchen, um als Vertrauensfrau oder -mann aktiv zu werden. In wechselnden Zweiergruppen bewerteten die Vertrauensleute anschließend ihre Antworten gegenseitig nach einem Punktesystem. So wurden die wichtigsten Aspekte ermittelt und gewichtet – und es wurde auch gleich eine Vereinbarung zur Umsetzung getroffen.

Gerlinde Schenk bilanziert nach rund einem Jahr: „Wir haben unsere Ziele weit übertroffen. Der Betriebsrat der Hülsta-Verwaltung ist auf einem guten Weg, organisatorisch und strukturell. Es gibt nun auch schon eine funktionierende Vertrauensleutestruktur.“ Das GEP-Team wird den Konsolidierungsprozess weiterhin begleiten. Und für das Jahr 2018 steht noch einiges auf der Agenda.